Marienerscheinung


 

Inhalt

Tradition der Marienverehrung

Ereignisse 1876

Ereignisse 1999

 

Marienverehrung in Marpingen – Eine über 500-jährige Tradition

Das Altarretabel

Die Marienverehrung hat in Marpingen eine mehr als 500-jährige Tradition. Der älteste überlieferte Beweis für die besondere Verehrung der Gottesmutter ist das Altarretabel in der Pfarrkirche
„Maria Himmelfahrt“ Marpingen, das auf den Zeitraum 1420 bis 1440 datiert wird. Es zeigt die trauernde Gottesmutter mit dem Leichnam des vom Kreuz genommenen Jesus Christus.

Der Marienbrunnen

Noch vor dem 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) begannen die Wallfahrten zum Marienbrunnen (“Maieborre“), der sich in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche befindet. Der Legende nach soll der Brunnen aus einem Sumpf entstanden sein, in dem ein Marienbild gefunden wurde. An der Fundstelle wurde eine Quelle gefasst und für das Bild ein Heiligenhäuschen errichtet. Der „Maieborre“ wurde zu einem beliebten Wallfahrtsort, an dem Pilger und Einwohner früherer Jahrhunderte vor allem um schönes Wetter und eine gute Ernte flehten.

Pfarrer Peter Josef Bicking ließ 1847 am Marienbrunnen eine Mariensäule errichten. Unter dem späteren Pfarrer Jakob Neureuther wurde 1876 über der Quelle eine Grotte errichtet, die 1934 unter Pfarrer Jakob Biegel durch eine Kapelle ersetzt wurde.

Das Marpinger Gelübde aus dem Jahr 1699

Ende des 17. Jahrhunderts herrschten Not und Elend im Land. Hunger, Krankheit, Seuchen und Tod veranlassten 1699 in Marpingen zwölf Familienvorstände ein Gelübde zu Ehren der Gottesmutter abzulegen. Das Gelübde wurde vom damaligen Dorfschulmeister Jakob Staub in einer Urkunde, datiert auf den 23. Mai, festgehalten und von den Familienoberhäuptern unterschrieben und mit einem Siegel versehen. Sie versprachen, an jedem Samstagnachmittag keine schweren Arbeiten zu verrichten und stattdessen die „allerseligste Jungfrau Maria“ in einer Gebetsstunde in der Kirche anzurufen, damit sie bei Gott Fürsprache einlege und so große Not abgewendet werde.

An diesen feierlichen Schwur erinnert das „Sühnekreuz“ auf dem Exelberg, das im Volksmund auch „Pestkreuz“ genannt wird.

An jedem 23. Mai gedenkt die Marpinger Pfarrei des „Marpinger Gelübdes“, das die Vorfahren 1699 in Zeiten schlimmster Not abgelegt hatten; seit 2013 mit einer Sternprozession mit anschließendem Gottesdienst an der Marienquelle im Härtelwald. Anlässlich des 300. Jahrestages des Gelübdes gab eine besondere Zeremonie: An Pfingstmontag 1999 wurde als sichtbares Zeichen dieses Gedenkens die „Schutzmantelmadonna“ in der rechten Seitennische der Pfarrkirche „Maria Himmelfahrt“ aufgestellt und von Pastor Leo Hofmann eingeweiht.

 

Die Marienerscheinung von 1876

Die Ereignisse im Jahre 1876 und den Folgejahren

In den Abendstunden des 3. Juli 1876 soll die Mutter Gottes drei achtjährigen Mädchen aus Marpingen in dem nahe beim Dorf gelegenen Härtelwald erschienen sein. Katharina Hubertus, Susanna Leist und Margaretha Kunz berichteten, dass sie eine „weiße Frau mit einem Kind auf dem Arm“ gesehen hätten. Auf die Frage, wer sie sei, soll sie den Kindern Katharina und Margaretha bei einer erneuten Erscheinung am Folgetag geantwortet haben, sie sei die „unbefleckt Empfangene“.

Die drei Seher-Kinder von 1876. Katharina Hubertus, Susanna Leist und Margaretha Kunz. Foto: Stiftung Marpinger Kulturbesitz

Als weitere „Erscheinungen“ folgten und auch erste Heilungen vermeldet wurden, verbreitete sich die Kunde wie ein Lauffeuer im Dorf, in der Region und bald auch im ganzen Land. Innerhalb weniger Tage strömten viele Pilger in das 1.600-Seelen-Dorf am Alsbach. Die Serien der Erscheinungen setzten sich fort. Auch Erwachsene behaupteten nun, die Jungfrau Maria gesehen zu haben. Die Zahl der Pilger wuchs in kürzester Zeit auf mehrere Tausend Personen an.

Erscheinungen und Kulturkampf

Ein großer Teil des heutigen Saarlandes stand damals als Teil des katholischen Rheinlandes unter preußischer Verwaltung. Den an die Saar abkommandierten preußischen Beamten, die sich hier herrisch aufführten, waren die „Marpinger Ereignisse“ ein Dorn im Auge. Ohnehin befand sich der preußische Staat mit seinen überwiegend protestantischen Beamten im sogenannten „Kulturkampf“ mit der Katholischen Kirche. Äußerer Anlass für diese Auseinandersetzung war die vom I. Vatikanischen Konzil 1870 verkündetet Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen“. Tatsächlich aber ging es Bismarck und seinen Verbündeten darum, im neu gegründeten Deutschen Reich, den öffentlichen Einfluss der Katholischen Kirche zu verringern. Dazu trugen zahlreiche neue Gesetze bei.

Pilger im Härtelwald 1876. Foto:Schirra/Stiftung Marpinger Kulturbesitz

So setzte man beispielsweise den politischen Missbrauch der Kanzel unter Strafe (Kanzelparagraph von 1871), untersagte Niederlassungen der Gesellschaft Jesu und verwandter Orden im Reichsgebiet (Jesuitengesetz von 1872), machte die Zivilehe zur Pflicht und übertrug die Beurkundung von Geburten, Heiraten und Sterbefällen staatlichen Standesbeamten. (Zivilstandsgesetzgebung von 1875).

Maigesetze

Eine besonders zerstörende Wirkung auf die Organisation der Katholischen Kirche übten die nur auf preußisches Gebiet beschränkten „Maigesetze“ von 1873 aus, mit denen der Kulturkampf seinen Höhepunkt erreichte. Sie schränkten die päpstliche Rechtsprechung stark ein und schrieben vor, dass kirchliche Würdenträger nur mit Zustimmung des Staates in ihre Ämter eingesetzt werden durften.

Wie sehr die Fronten zwischen protestantischem Staat und liberalen Parteien einerseits und der Katholischen Kirche andererseits verhärtet waren, verdeutlicht ein Ausspruch von Reichskanzler Bismarck, der die große Minderheit der Katholiken sogar als „Feinde des Staates“ bezeichnete. So drohte die erst 1871 nach Jahrzehnten und Jahrhunderten der Kleinstaaterei wieder hergestellte politische Einheit des Reiches an der angeblich fortschrittlichen Ideologie und dem alleinigen staatlichen Herrschaftsanspruch zu zerbrechen.

Mit Bajonetten gegen betende Pilger

In dieser heißen Phase des Kulturkampfes unternahmen die staatlichen Organe alles, um die Vorgänge im Härtelwald, die in der Presse landesweit bald mit viel Spott kommentiert wurden, zu unterbinden. Als sich am 13. Juli 1876 erneut eine große Menschenmenge im Härtelwald versammelt hatte, forderte man militärische Hilfe aus Saarlouis an. Eine Kompanie Soldaten rückte mit kriegsmäßiger Sicherung in Marpingen ein und riegelte den Härtelwald hermetisch ab.

Mit aufgepflanzten Bajonetten stürmten die Soldaten auf die friedlich betenden Pilger los, von den einige durch Stiche und Hiebe verletzt wurden, und verfolgten die flüchtende Menge bis ins Dorf.

Den Pfarrer von Marpingen, Pastor Jakob Neureuther, der nach anfänglicher Zurückhaltung die Erscheinungen für wahr hielt, gleichzeitig aber die Gläubigen zu Besonnenheit mahnte, belegte man mit drückender Einquartierung, ebenso die Familien der „Seherkinder“ und die Gemeinderatsmitglieder. Pastor Neureuther und der Pfarrer von Alsweiler wurden Ende Oktober 1876 sogar in Saarbrücken in Untersuchungshaft gesperrt.

Auch die „Seherkinder“ wurden in Gewahrsam genommen. Man steckte sie in eine „Besserungsanstalt“, bis sie unter Druck ihre Aussage zunächst einmal widerriefen.

Die „Marpinger Ereignisse“ waren bald deutschlandweit, ja europaweit „in aller Leute Munde“. Sogar der Reichstag in Berlin befasste dich mit den Erscheinungen und dem Militäreinsatz gegen die Bevölkerung.

Anklage wegen Betrug

Alle in Marpingen Beteiligten (Seherkinder, Eltern, Pfarrer und sogar Anwohner) wurden des Betrugs angeklagt, so dass es im März 1879 zu einem aufsehenerregenden Prozess vor dem Zuchtpolizeigericht in Saarbrücken kam. Die Beschuldigten wurden jedoch alle freigesprochen.

Kirchliche Untersuchungen

Der Pilgerstrom ebbte erst Ende 1877 wieder ab. Bis dahin hatten neben vielen schlichten Gläubigen auch etliche Mitglieder des katholischen Hochadels Deutschlands und Europas Marpingen im Rahmen von Pilgerreisen besucht. Der Versuch, aus dem Dorf am Alsbach ein „deutsches Lourdes“ zu machen, misslang jedoch. Der Bischofsstuhl in Trier war zurzeit der „Marpinger Ereignisse“ vakant. Der im Kulturkampf inhaftierte Bischof Matthias Eberhard war, von zehnmonatiger Haft geschwächt, wenige Monate zuvor gestorben.

Marpingen blieb aber ein beliebter Wallfahrtsort, der trotz fehlender kirchlicher Anerkennung regelmäßig von Pilgern aus ganz Deutschland und anderen Ländern aufgesucht wurde. Erst über 100 Jahre später nach einer zweiten Welle von angeblichen Marienerscheinungen untersuchte die Kirche die Vorfälle von 1876 erneute. 2005 erklärte der damalige Trierer Bischof Reinhard Marx nach einer kanonischen Untersuchung per Dekret, dass nicht feststehe, dass den Ereignissen von Marpingen in den Jahren 1876 und 1999 ein übernatürlicher Charakter zukomme. Die Marienverehrungsstätte im Härtelwald wurde jedoch von der Kirche offiziell als Gebetsstätte anerkannt.

Was geschah mit den „Seherkindern“

Zwei der „Seherkinder“ traten in Klöster ein: Margareta Kunz, genannt Schwester Olympia, trat am 26. Mai 1891 ins Mutterhaus der Steyler Missionsschwestern in Steyl ein, Katharina Hubertus, genannt Schwester Hugolina, im selben Jahr ins Generalmutterhaus der Schwestern vom armen Kinde Jesu. Alle drei Frauen starben recht früh. Susanne Leist bereits 1892 im Alter von nur 24 Jahren in Marpingen, Katharina Hubertus am 24. Dezember 1904 im Alter von 36 Jahren in Aachen-Brutscheid und Margaretha Kunz am 13. September 1905 im Alter von 37 Jahren in Steyl.

 

Die Marienerscheinung von 1999

Im Mai 1999 kursierten in Marpingen Gerüchte, dass es im Härtelwald erneut „Marienerscheinungen“ gegeben habe und weitere angekündigt seien. Die „Seherinnen“, so war bald zu erfahren, waren drei junge Frauen, von denen keine aus Marpingen kam:

Marion Guthmann aus Neunkirchen Saar, Christine Ney-Nidercorn aus Ensdorf und Judith Hiber aus Hierscheid. Die eigentliche Seherin sei Marion Guthmann, so teilte der damalige Vorsitzende des Kapellenvereins, der die Marienverehrungsstätte seinerzeit unterhielt und betrieb, der Gemeinde mit.

Tausende Pilger vor der Marienkapelle 1999 während einer „Erscheinung“. Foto: Gemeinde Marpingen

Am 13. Juni 1999 fand bereits die fünfte „Erscheinung“ statt. Sie war zugleich die erste, die im Vorfeld vom Kapellenverein einer größeren Öffentlichkeit mit Datum angekündigt worden war. 4.000 Menschen pilgerten zu dieser Ereignis und lauschten den Botschaften der Gottesmutter, die die Seherinnen nach eigenen Angaben übermittelten. Die Zahl der Pilger stieg danach zusehends von „Erscheinungstag“ zu „Erscheinungstag“. Bei der 13. und letzten „Marienerscheinung“ am 17. Oktober 1999 kamen rund 40 000 Menschen nach Marpingen.

2005 erklärte der damalige Bischof des Bistums Trier, Reinhard Marx, nach einer kanonischen Untersuchung per Dekret, dass nicht feststehe, dass den Ereignissen von Marpingen im Jahr 1999 ein übernatürlicher Charakter zukomme. Die Marienverehrungsstätte Härtelwald erhielt von der Kirche jedoch eine förmliche Anerkennung als Gebetsstätte.